Testbericht – Endorfin Carbon

Der Trend zur Verwendung von Carbon als Rahmenmaterial ist auch nach der diesjaehrigen Eurobike ungebrochen. Vielmehr ist es den Herstellern moeglich, durch verbesserte Produktionsmethodik, mehr Erfahrung im Umgang mit dem Material und neuen Faserqualitaeten, Rahmen zu konzipieren, deren Eigenschaften fuer andere Werkstoffe unerreichbar scheinen. Mittlerweile gibt es Serienrahmen aus Carbon, deren Gewicht unter 800g liegt, die im Praxistest von Fahrern als gar zu steif eingeschaetzt werden und von ihren Rohrdimensionen kaum noch minimalistischer ausgefuehrt werden koennten.

Endorfin Carbon

Diese Superlative lassen sich die unterschiedlichen Hersteller natuerlich auch sehr gut bezahlen und wenn man nicht bereit ist, ueber 4000 Euro fuer einen Rahmen auszugeben, lohnt sich mitunter der Blick in preislich attraktivere Marktsegmente. Ein Musterbeispiel fuer einen solchen Rahmen ist der kuerzlich von uns getestete Carbon von Endorfin. Wie der Name des Rahmens unmissverstaendlich klarmacht, kommt auch bei ihm der vielgeruehmte Faserwerkstoff zum Einsatz.

Der Carbon existiert in Groessen zwischen 48cm und 56cm, wobei der Rahmen in Groesse M (51cm) ca. 960g auf die Waage bringt. Die Rahmengroessen machen bereits klar, dass es sich um eine Sloping Geometrie handelt, mit 73 Grad Steuer- und Sitzwinkel. Das Sattelstuetzenmass betraegt 31,6mm, die Innenlageraufnahme ist in BSA Standard ausgefuehrt. Beim ersten Anblick des Rahmens ist man vielleicht geneigt zu sagen: Auffaellig unauffaellig, aber bei genauerer Betrachtung lassen sich auch an diesem Rahmen einige Besonderheiten entdecken. Da waere zunaechst der Knotenpunkt zwischen Sitz-, Oberrohr und Hinterbau zu nennen, der zwar den Eindruck einer Muffe vermittelt, aber mittels tube-to-tube Verfahren verbunden wurde, genauso wie die restlichen Rohre des Rahmens. Oberhalb des Tretlagergehauses verlaeuft eine breite Sicke, die sicher ihren Teil zur hervorragenden Steifigkeit in diesem Bereich beitraegt. Der Uebergang des Steuerrohres zur Gabel ist – dank semi integriertem Steuersatz – nahtlos und optisch sehr gefaellig. Das Schaltauge ist geschraubt und somit natuerlich problemlos austauschbar. Alles in allem wird sehr deutlich, dass Endorfin die ersten Generationen moderner Carbonrahmen uebersprungen hat, um sich gleich mit einem sehr ausgereiften Produkt dem Markt zu stellen.

Der Rahmen kam in seiner Topkonfiguration zu uns in die Redaktion, d.h. komplette SRAM Force Gruppe mit Nokonhuellen, Linern und Stahlzuegen, die hauseigene Vollcarbongabel CR-350, Syntace F119 Vorbau und Racelite Carbon Lenker, AX Phoenix Sattel und Daedaleus Stuetze sowie als weiteres Highlight ein Lightweight Carbon Laufradsatz ( Std. / Gen I / 16/20 Speichen ) beklebt mit Tufo S3 Lite ( 19mm VR / 21mm HR ). Das Rad war darueber hinaus tadellos aufgebaut, die aufwaendige Nokoninstallation perfekt ausgefuehrt, saemtliche Komponenten exakt eingestellt. Viele nette Gadgets also fuer den technikaffinen Radsportler. So ausgestattet, durfte der Rahmen dann an den Weinhaengen der Pfalz zeigen, was wirklich in ihm steckt.

Auf den Testfahrten bestaetigte das Rad den ersten guten Eindruck in eindrucksvoller Art und Weise. Ein sehr ausgewogenes Fahrverhalten mit einem nahezu perfekten Kompromiss zwischen Steifigkeit und Komfort gefielen auf Anhieb. Das Ansprechverhalten bei Tempowechseln war dennoch enorm, nicht zuletzt aufgrund der fantastischen Beschleunigung der ca. 1kg schweren Lightweights . In Sprintsituationen fiel uns allerdings der Lenker negativ auf, denn beim beherzten reintreten gab dieser doch spuerbar nach. Diese Verformung war bei den AX Komponenten hingegen gern gesehen, denn sie daempften Fahrbahnstoesse sehr gut ab und trugen damit, insbesondere bei laengeren Distanzen, zum guten Gefuehl auf dem Rad bei. Die Spurstabilitaet in Kurven war sehr gut, das Rad liess sich jederzeit souveraen um die Ecken zirkeln und ueberzeugte mit einem perfekten Mass an Agilitaet. Denn trotz eines sehr lebendigen Fahrverhaltens, war bei hohen Geschwindigkeiten nie ein Flattern oder Art von Nervositaet in der Lenkung zu spueren. Alles in allem konnte der Rahmen in jeder Disziplin ueberzeugen, unerheblich ob es um die Optik, die Verarbeitung, das Handling, die Spurtreue, den Geradeauslauf, oder das Kurvenverhalten geht, auch wenn er in keiner Disziplin wirklich herausragte. Deswegen erhaelt man mit dem Carbon einen Rahmen, der vor allem durch seine Universalitaet ueberzeugt und zum Aufbau eines Leichtbaurades ebenso tauglich ist, wie als Basis fuer ein schnelles Kriterienrad oder als Herzstueck eines Marathonrades.

Um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren, stellte Endorfin auf der gerade zu Ende gegangenen Eurobike einen neuen Carbonrahmen vor, der nicht nur optisch viel Aehnlichkeit zum Fascenario von Storck hat. Der auf den Namen Carbon SL getaufte Rahmen wird, bei einem Rahmengewicht von ca. 850g, fuer 2500 Euro den Besitzer wechseln. Den Test gibt es natuerlich in Kuerze bei uns.

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