Black is beautiful – 3.76kg!

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Ein Rad in seiner Ganzheit nach den eigenen Vorstellungen und Maximen auf die Räder zu stellen, ist sicherlich der Wunsch eines Großteils unserer Leserschaft. Eine immer wieder neue Zusammenstellung von Großserienkomponenten mag interessant sein und durch den immerwährenden Fortschritt auch erleichtern, aber um einen wirklich Unterschied zu machen, bedarf es größerer Anstrengungen. Gute Kontakte zu Herstellern, ein Sinn für Funktionalität und nicht zuletzt einen gewissen Grad an Verrücktheit machen hier den Unterschied. Nachdem Günter Mai auf der Eurobike mit der letzten Ausbaustufe seines Rades die Grenze von 3 Kilogramm durchbrochen hat, wirft nun Nils Wiedemann seinen Hut in den Ring und präsentiert seine Vorstellung des perfekten Rennrads mit dem SL, dass trotz – oder gerade wegen – der Nichtverwendung von Farbe auffällt.

Vorderansicht

Rückansicht

Das Rad wurde vom Besitzer unter Maßgabe folgender Prämissen konzipiert:
– Ein leichter, ausreichend steifer und haltbarer Rahmen mit Maßgeometrie
– Leichte und steife Laufräder mit konkurrenzfähiger Aerodynamik und solidem Bremsverhalten
– Eine renntaugliche und dem Fahrer angepasste Ãœbersetzung in einem haltbaren, auf hohe Laufleistung ausgelegten Antrieb
– Niedrigste Bauhöhe am Pedal für optimale Kraftübertragung
– Reibungsarme, wartungsarme Lager an allen erdenklichen Punkten
– Zwei vollwertige Flaschenhalter mit genügend Grip für schwerste Straßenverhältnisse
– Systemintegration an neuralgischen Punkten
– Fahrerspezifische Komponenten, d.h. auf Fahrweise und Gewicht angepasst

Front

Heck

Durch eine Involvierung zahlreicher Personen in dieses Projekt ( u.a. von THM, SPIN, NORA, LEW, Schmolke & BTP ) konnte Nils zur Realisierung seiner Prämissen auf Komponenten oder Teile zurückgreifen, die es so nicht im freien Handel zu kaufen gibt. Viele Teile wurden bereits im Produktionsprozess, direkt im Anschluß, oder durch Nils selber modifiziert und schließlich ans Rad gebracht. Wir möchten an dieser Stelle auf 5 Bauteile bzw. Baugruppen gesondert eingehen, deren Besonderheiten der Erbauer mit uns zu teilen bereit war, ohne gleich sämtliche Betriebsgeheimnisse lüften zu müssen.

Schaltwerk

Schaltwerk: Ein Bauteil dem traditionell viel Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist das Schaltwerk, da es maßgeblich die Performance der Schaltung beeinflusst. Hier gilt die Maxime das Gewicht zu reduzieren ohne die Schaltfunktion in irgendeiner Art und Weise negativ zu beeinflussen. Dazu wurde der Korpus bearbeitet ( schleifen,polieren,lackieren ), sämtliche Originalschrauben durch leichtere Exemplare ersetzt oder entsprechend nachbearbeitet. Der Standardschaltkäfig wurde durch eine sehr steife, 3mm starke Carbonvariante ersetzt, ebenso mussten die Schaltröllchen weichen und wurden ebenfalls durch Carbonexemplare mit Keramiklagern substituiert. Durch die 15 Zahn große, untere Leitrolle soll zusätzlich eine minimale Kraftersparnis ( 0,8 Watt ) erzielt werden, ein Setup wie wir es bereits an zahlreichen anderen Rädern finden konnten. Diese Modifikation wurde von von der Firma Torque, in Person von Stefan Schäufele, bereitgestellt.

Schalthebel

Schalthebel: Diese sind eine Synthese aus Recordhebeln, Escape-Mechanismus und Eigenbauteilen. Die Hebel wurden heruntergeschliffen und mit einer UD Carbondeckschicht versehen. An Innereien werkelt eine eigens gefertigte Aluschaltachse im rechten Schalthebel, der Linke konnte dank Rahmenschalthebel für den Umwerfer komplett ausgeweidet werden. Beiden gemein ist die Verwendung eines Bremszuggegenhalters aus Aluminium. Die Aussparung am Schalthebel resultiert aus den guten Erfahrungen mit Recordhebeln älterer Generationen, die serienmäßig mit dieser ausgestattet waren. Durch die Aussparung liegt der Hebel besser am Finger an und ermöglicht einen größeren Aktionsradius, die weitere Gewichtsreduktion ist an dieser Stelle lediglich ein erwünschter Nebeneffekt. BTP Carbonbandagen und Überzüge aus Soft Carbon scheinen an dieser Stelle fast obligatorisch.

Lenkereinheit

Lenkereinheit

Lenkereinheit: Oberstes Ziel dieser Einheit war weniger die Gewichtsreduktion als vielmehr die Eliminierung möglicher Schwachpunkte in Form von Schraubklemmungen. Durch die Verbindung von Vorbau und Lenker ist zudem ein potentielles Verdrehen des Lenkers absolut unmöglich. Nils verfolgte dieses Projekt zunächst mit drei unterschiedlichen Herstellern, gab jedoch letztlich der Kombination aus NORA Vorbau und speziell angefertigtem Lenker von Schmolke den Vorzug. Der Lenker wurde auf das Gewicht und Bedürfnisse des Fahrers ausgelegt, zusätzlich wurde auf die Verstärkung im Klemmbereich verzichtet um weiter Gewicht einzusparen. Um die UD-Optik des Rades beizubehalten, wurde im Bereich des Oberlenkers die Oberfläche entsprechend gefertigt, im Lenkerbogen wurde jedoch weiterhin klassisches Gewebe verwendet, da dieses – im Fall der Fälle – ein eindeutig besseres Bruchbild aufweist. Nach Erhalt des Lenkers stellte Nils diesen mit einem 120mm Vorbau von Extralite auf sich ein und schickte dieses Setup in Richtung Oliver Grest von NORA. Dort wurde dann der entsprechende Carbonvorbau mit dem Lenker zum Systembauteil verbunden.

Satteleinheit

Satteleinheit: Der Sattel basiert auf einem Abdruck eines AX Sprints, der um 1,5cm verkürzt wurde ( weitere Gewichtsreduktion + verbessertes Erscheinungsbild ), um ihn dann in UD Carbon nachbilden zu können. Die anlaminierte Stütze ist ein Carbonrohr ( Faserqualität T1000 ) aus dem Hause Schmolke, die gewichtsspezifisch auf die gewünschte Auszuglänge gefertigt wurde, wobei natürlich auch hier nicht auf eine UD Decklage verzichtet werden konnte. Mit den Informationen bezüglich Sitzrohrwinkel und horizontaler Sattelposition war auch hier Oliver Grest anschließend für die Endfertigung des Bauteils zuständig.

Rahmen

Rahmen: Der Rahmen aus den Händen von Marc Siebert kann als optimierte
Version des Gato Rahmens aus dem Hause SPIN angesehen werden. Bei diesem Exemplar wurde ein spezieller Rohrsatz verwendet, dessen Wandstärken das Maß von 1mm nicht unterschreiten, um die Tauglichkeit des Rahmens als Sportgerät nicht einzuschränken. Weitere Speziallösungen, wie eine spezielle Umwerferschellenform, Anschläge für Rahmenschalthebel, sowie die Voraussetzungen für vollintegrierte Steuersatzlager ( nicht zu verwechseln mit einem vollintegrierten Steuersatztyp ), resultieren in einem Gewicht von 680,5g. Trotz des geringen Gewichts verfügt der Rahmen über eine Lenkkopfsteifigkeit von 93Nm je Grad, was in einem STW Wert von 136.66 Nm/Grad/kg resultiert.

Linke Seite

Weiterhin wurde eine besonders leichte Variante der Clavicula verbaut ( Vollkeramiklager, Spezialbelegung, nachbearbeitete Lagerschalen und Klemmmechanismus ), modifizierte, eloxierte Aerolite Pedale, ovale Rotor Kettenblätter sowie ein mit Vollboronachsen ausgestatteter LEW Pro-VT1 Satz, an dem zusätzlich eine Anzahl weiterer, technischen Änderungen umgesetzt wurde. Als letzte Feinheiten runden Skyline Flaschenhalter von BTP ohne Aramidanteil ( um das schwarze Erscheinungsbild nicht zu trüben ) und ein stark modifizierter Umwerfer auf Basis von Campagnolo Record das Gesamtbild ab. All diese Komponenten ergeben in Gänze folgende Aufbauliste:

Teileliste

Zum Schluß möchten wir uns nochmal ausdrücklich bei Nils für seine ausführlichen Informationen und Erläuterungen zu seinem Projekt und die zahlreichen Detailbilder bedanken. Auf seiner eigenen Webpage könnt ihr weitere Bilder des SL finden, sowie viele Informationen über vorangegangene Projekte. Falls ihr weitere Fragen zum Aufbau habt, die diese Vorstellung nicht beantworten konnte, was bei der schieren Fülle an Modifikationen sehr wahrscheinlich ist, steht euch Nils im Forum gerne Rede und Antwort.

Duo